Die Outdoorbranche produziert jede Menge Sondermüll

von 8. März 2021Top Thema

Daniela Hochmuth fordert ein radikales Umdenken

Die CSR-Managerin (Corporate Social Responsibility) der Outdoor-Marke PYUA fordert ein generelles und schnelles Umdenken der Branche hin zu echter Kreislaufwirtschaft – und mehr bewusste Entscheidungen bei Händlern und Käufern. Was bedeutet das und welche Lösungen gibt es?

Pressefoto_PYUA_Daniela Hochmuth

Mal provokant gefragt: Ist die Outdoorbranche grundsätzlich auf dem Holzweg?

Das würde ich nicht sagen. Aber seien wir doch mal ehrlich: Die Outdoorhersteller produzieren massenweise Sondermüll. Gerade die beliebten wasserdichten und atmungsaktiven Shell-Jacken werden vor allem mit PTFE-Membranen gefertigt und können daher nicht recycelt werden – daran ändert auch nichts, dass viele Hersteller ihre Produkte teilweise aus recycelten Materialen herstellen. Spätestens bei der Entsorgung endet die Kreislaufwirtschaft in einer Sackgasse – und die Jacke auf dem Müll. Genau das ist vielen umweltbewussten Outdoorsportlern nicht klar. Sie wissen nicht, was sie wirklich kaufen – und dass es bereits nachhaltige und qualitativ gleichwertige Alternativen gibt, die recycelt werden können.

Wieso, was ist das Problem, wenn ich meine Jacke irgendwann ordnungsgemäß entsorge?

Der Recyclingprozess von Shell-Jacken mit Membranen aus PTFE und PU ist bislang nicht möglich beziehungsweise zu aufwändig. Sie sind Sondermüll und erzeugen bei der Verbrennung giftige Dämpfe. Dazu gibt es einige Studien. Genau das wollen wir vermeiden und arbeiten deshalb mit Sympatex an Alternativen für unsere Kollektion. Hier gibt es bereits viel Erfahrung mit einer Membran aus 100% recyceltem Polyester, also einer PTFE-freien Membran, als umweltfreundliche und recycelbare Alternative.

Umweltbewusste Käufer sollten aber auch auf die Art der Imprägnierung achten. Hier gibt es erhebliche Unterschiede, um den gewünschten Abperleffekt zu bekommen. Man sollte auf den Zusatz „Fluorocarbon Free DWR“ achten. Denn die Imprägnierung mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFCs) ist extrem problematisch. Sie sind schädlich für Mensch und Umwelt und auch langfristig biologisch nicht abbaubar. Greenpeace hat mit einer großen Detox Kampagne viel Aufklärungsarbeit geleistet. Alle unsere Kollektionsteile sind PFC-frei.

Was muss sich ändern? Und gibt es schon andere Wege?

Ja, es gibt Alternativen, die wir bei PYUA seit Jahren entwickeln. Und es sieht so aus, dass andere Hersteller jetzt verstärkt ebenfalls in die gleiche Richtung arbeiten. Das begrüßen wir sehr, denn die ganze Industrie muss zusammenarbeiten, damit wir die Probleme lösen können. Wir haben von Anfang an die Idee der Wiederverwertung und der Kreislaufwirtschaft in das Produktdesign mit einbezogen. Das heißt, wir überlegen, wie eine Jacke komplett recycelt werden kann, schon bevor wir die Materialien wählen. Dies ist nötig, um sie in den echten Kreislauf zurück zu führen. Wir beteiligen uns hier an dem neu gegründeten Zusammenschluss wear2wear. Ziel ist es, über alle Lebenszyklen des Produktes, von der Herstellung über den Verkauf und von der Pflege bis hin zur Entsorgung, den Kreislauf zu schließen. Je mehr Hersteller hier mitmachen, desto besser.

Pyua-Kreislauf

Hört sich nach einem großen Wurf an. Wieso kommt das erst jetzt?

Es gibt heute ganz neue Techniken und Möglichkeiten. Diese muss man aber in den globalen Produktionsketten jetzt konsequent einführen. Das geht nur mit vielen Partnern, die in die gleiche Richtung arbeiten – und leider auch nur Schritt für Schritt. Beispielsweise besteht die recycelte Membran unserer neuen Kollektion aus „pre-consumer waste“, also aus Stoffresten, die in der Produktion anfallen. Damit haben wir die derzeit nachhaltigste Lösung und vermeiden Abfälle. Das kommt unserer Vision schon sehr nahe, aber wir sind hier noch nicht am Ende unserer Bemühungen. Der nächste Schritt ist konsequente Wiederverwertung von „post-consumer waste“. Es gibt also noch viel zu tun. Aber ich denke, dass unsere Jacken schon jetzt mehr sind als nur Funktionsbekleidung. Sie sind auch ein Statement für immer weiter fortschreitende Nachhaltigkeitsbemühungen. Quasi der Ausdruck einer Vision, die man mit dem Kauf unterstützt.

Photocredit: © Pyua

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