Natural Running ist der Trend der kommenden Saison. Warum man sich wieder auf sich und seine Füße verlassen sollte und was es tatsächlich mit Natural Running auf sich hat, haben wir Andi Müller von Luna Sandals gefragt.

Andi, Du bist das deutsche Gesicht von Luna Sandals. Wie kam es dazu?
Es fing mit dem Buch Born to Run an. Da bin ich das erste Mal den Luna Sandals und vor allem all diesen wahnsinnigen und laufverrückten begegnet, die einfach losgelaufen sind und sich partout nicht um Dämpfung, Stütze und Sprengung geschert haben. Sie vertrauten lieber auf Technik die schon mehrere Millionen Jahre alt war: unsere Füße. Und eine dünne Schicht zum Schutz vor schnittigen Steinen. Das war genau mein Ding.
Aber weil halt niemand hier in Deutschland solche Lauf-Sandalen besorgen konnte, bin ich selbst zu Luna-Sandals nach Seattle geflogen. Und da habe ich Ted kennen gelernt. Und nach ein paar abenteuerlichen Läufen war irgendwie klar: ich mach das hier …

Die Laufschuhindustrie ist derzeit sehr gespalten, da sieht man Schuhe mit extremer Dämpfung, Schuhe mit großer Sprengung und auf der anderen Seite zieht der Minimalismus ein.
Reduzieren wir es doch mal aufs Wesentliche: das wichtigste Laufutensil ist nicht der Schuh. Es ist der Fuß. Und der Mensch, der da mit dran hängt. Nicht der Fuß sollte also durch Schaumstoff, Einlagen und einen unnatürliche Laufstil an den Schuh und dessen Anforderungen angepasst werden. Vielmehr wäre kein Schuh das allerbeste um richtig Laufen zu gehen. Denn nur dann kann man am allerbesten hören, was einem der Körper sagt.

Warum sollten die Läufer wieder einmal mehr auf ihren Körper hören?
Vor lauter Experten-, Produkt- und Marketingversprechen dröhnt es im Laufsport so laut, dass wir oft das, was uns unser Körper sagen will, überhören. Dabei würde uns eben dieses direkte Feedback vom Fuß ganz natürlich vor Überlastung und Verletzungen schützen.

Sandalen? – kann man damit überhaupt laufen, bzw. sogar Trailrunning machen?
Warum nicht? Nur weil uns eine milliardenschwere Plastikschuh-Industrie glauben macht, dass es ohne Luftpolster-Technik oder anderen Schnickschnack nicht geht? Kaum zu glauben, aber die letzen 5.000 Jahre hat es der Mensch auch geschafft täglich 40-50 km im Dauerlauf zurück zulegen. Nur mit seinen Füßen und einer leicht darunter geschnürten Schutzschicht. Sandalen eben.

Wie hoch ist das Verletzungsrisiko bei offenen Schuhen?
Die Natur, aber auch unsere Wegwerfkultur machen es nicht gerade leicht, ohne Schutz an den Füßen von a nach b zu gelangen. Jeder weiss, da ist ordentlich Verletzungspotential vorhanden. Interessant ist nur, wie achtsam man wird, wenn man dann doch mal barfuß eine Strecke geht oder gar läuft. Ok, ein bisschen Training braucht man schon auch, denn dank der vielen Geh- und Laufhilfen die man uns von frühster Kindheit an die Füßchen schnallt, haben wir es ein bisschen verlernt, natürlich zu laufen. Aber das findet sich schnell wieder ein.

Viele der Sandalenläufer stellen auch ihre Ernährung um, warum?
Ist es nicht, Sandale hin, Sandale her, viel mehr so, dass in unserer heutigen überernährten Zivilisation viele Menschen vielmehr darüber nachdenken mit dem Laufen anzufangen um den Fehlern in ihrer Ernährung entgegen zu wirken? Und dann stellen sie fest, dass das mit dem Körper und dem Wohlbefinden eben durchaus eine ganzheitliche Sache ist, bei der man an mehreren Stellschrauben etwas bewegen kann.

Werden in Zukunft alle Läufer auf Sandalen daherkommen?
Jeder soll so laufen wie es ihm am meisten Spaß macht. Ich denke aber dass immer mehr Läufer erkennen dass das Laufen in Sandalen eine relevante Trainingsoption für ihr wichtigstes Werkzeug, den Fuß, darstellen. Der Fuß hat Platz, nichts wird gestützt – die große Freiheit für die Füße eben…

Wie kann man sich darauf vorbereiten, wenn man mit einem Umstieg liebäugle?
Spielerisch in sein Training einbauen und darauf achten wo es zwickt und zieht. Probleme treten meist dann auf wenn man zu schnell zu viel will. der Fuß ist das komplexeste und am aufwändigsten konstruierte Körperteil. Durch jahrzehntelanges Schuhertragen (!) ist der Fuß oft in wichtigen Funktionen eingeschränkt. Es gilt den Fuß wieder zu mobilisieren und die Struktur wieder aufzubauen. Denn was wollen wir Läufer denn mehr als ein perfektes Laufwerkzeug?

Wo kommen die Luna-Sandals eigentlich her und wer steckt dahinter?
Ein Typ namens Barefoot Ted hat die Sandalen für sich in Mexiko entdeckt. Er hat dann, so wie man das in Amerika eben so macht, damit begonnen, seine moderne Interpretation in einer kleinen Garage zu fertigen. Inzwischen werden Luna Sandals in einer Werkstatt in Seattle per Hand, von einer Handvoll zufriedener Mitarbeitern hergestellt. Jede Luna Sandale kommt bis heute direkt von dort.

Andi wird in Zukunft regelmäßig hier auf rocknrail.de das Thema Natural Running mit eigenen Artikel begleiten.

Anfang Mai veranstalten wir von Rock’n Trail gemeinsam mit Barfuss-Experten die Natural-Running-Days am Bodensee. Nähere Infos folgen.

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